In ökologisch besonders wertvollen Räumen des Coburger Landes laufen derzeit sogenannte Umsetzungsprojekte des Arten- und Biotopschutzprogrammes (= Bayern-Netz-Natur-Projekte), die durch gezielten und konzentrierten Fördermitteleinsatz aller möglichen Naturschutzprogramme (einschließlich Ankauf von Flächen mit Unterstützung des Bayerischen Naturschutzfonds) den Schutz der gefährdeten Arten gewährleisten und zum Aufbau des geforderten landesweiten Biotopverbundes beitragen sollen.
Wiesenbrüterlebensräume westlich Coburg bis zur Landesgrenze
Bereits seit Mitte der 1990er Jahre läuft das BNN-Projekt "Wiesenbrüterlebensräume westlich Coburg bis zur Landesgrenze", das vor allem bedrohten Vogelarten wie Weißstorch, Bekassine, Wachtelkönig, Braun- und Blaukehlchen helfen soll, aber auch extensive Talwiesen und deren Lebensgemeinschaften fördern, Ackerstandorte im Überschwemmungsbereich in Wiesen zurückverwandeln und die Gewässersysteme ökologisch aufwerten soll. Das Projektgebiet ist etwa 1.100 Hektar groß und umfasst die Rodachaue von Roßfeld bis Niederndorf mit Nebentälern, die Walburaue, das Sulztal mit Nebentälern und reicht mit dem 195 Hektar großen Naturschutzgebiet "Vogelfreistätte Glender Wiesen" bis ins Stadtgebiet von Coburg. In diesem Raum wurden vom Landkreis Coburg und vom Landesbund für Vogelschutz Flächen angekauft, ausschließlich für Naturschutzzwecke verfügbar gemacht und ökologisch optimiert (zum Beispiel Anlage von Nahrungsgewässern). Südlich von Schweighof wurde auf 54 Hektar ein Großteil der naturschutzrechtlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die A 73 umgesetzt. Diese Flächen werden extensiv und besonders naturschutzkonform ganzjährig beweidet. Die bisher durchgeführten Maßnahmen blieben nicht ohne Wirkung auf bestimmte Zielarten des Naturschutzes. So vermehrten sich die zum Beispiel die noch um 1980 fast ausgestorbenen Blaukehlchen signifikant. Vielen Rote-Liste-Arten konnte so der Lebensraum gesichert oder sogar erweitert werden!
Biberbachtal bei Sonnefeld und Weidhausen
Ein weiteres BNN-Umsetzungsprojekt läuft im circa 150 Hektar großen Biberbachtal bei Sonnefeld und Weidhausen. Hier sollen insbesondere die Bachorganismen (zum Beispiel Libellen, Fische) sowie Heuschrecken, Tagfalter, Landschnecken und Pflanzengesellschaften der Feuchtstandorte (Wiesen, Brachen, Auwald) gefördert und optimiert werden. Gefährdete Reptilien- und Fledermausvorkommen sollen gesichert werden. Ein detailliertes Landschaftspflegekonzept wurde hierfür erstellt und wird seit Mitte der 1990er Jahre (auch über die Landschaftsplanumsetzung und den Landschaftspflegeverband) von den Gemeinden Sonnefeld und Weidhausen realisiert. Seit 2023 gibt es ein detailliertes Umsetzungskonzept nach der EU-WRRL für den dortigen Flusswasserkörper, zu dem auch der Biberbach mit dazu gehört.
Zudem laufen vier landesweite Modellprojekte der BNN-Umsetzung im Landkreis Coburg!
Lange Berge und Bruchschollenkuppen
Ersteres davon ist das BNN-Projekt "Lange Berge und Bruchschollenkuppen", das den nördlichen Landkreis Coburg diagonal von Nordwesten nach Südosten durchzieht. Träger dieses Projektes ist der Landesbund für Vogelschutz in Bayern e.V.
Thanner Grund/Steinachtal/Linder Ebene
Das zweite Modellprojekt ist das BNN-Projekt "Thanner Grund/Steinachtal/Linder Ebene", das sich über die Landkreisgrenze hinweg in die Landkreise Kronach, Lichtenfels und Sonneberg erstreckt und von der ökologischen Bildungsstätte Oberfranken im Wasserschloss Mitwitz getragen wird. Im Vordergrund dieses Projektes steht das Tal der Steinach mit Feuchtwiesen, Auwaldresten und Moorteichen mit mehreren Vorkommen gefährdeter Amphibien-, Libellen- und Pflanzenarten.
Rodachtalachse
Das dritte Modellprojekt trägt den Namen "Rodachtalachse" und umfasst die Städte Bad Rodach, Seßlach und die Gemeinde Weitramsdorf auf bayerischer Seite im Landkreis Coburg sowie die Städte Ummerstadt, Bad Colberg-Heldburg und die Gemeinde Straufhain auf thüringischer Seite im Landkreis Hildburghausen („Rodachtalinitiative"). Sein Hauptfokus liegt auf dem Fluss-System der Rodach, dem innerdeutschen Grenzstreifen (= GRÜNES BAND) sowie den strukturreichen Kulturlandschaftsteilen im gesamten Projektgebiet und dem NSG "Tongruben bei Muggenbach", die für viele gefährdete Arten wie die Gelbbauchunke, Vögel und Hautflügler sogar von bundesweiter Bedeutung sind. Träger ist hier der Landschaftspflegeverband Coburger Land e.V.
Grünes Band – Rodachtal – Lange Berge – Steinachtal
Aus diesen drei BNN-Projekten wurde schließlich in Zusammenarbeit mit den Thüringer Landkreisen Hildburghausen und Sonneberg das Naturschutzgroßprojekt „Grünes Band – Rodachtal – Lange Berge – Steinachtal" entwickelt. Das Projekt besitzt grenzüber-schreitenden Charakter und vermittelt zu vergleichbaren Lebensräumen im Land Thüringen. Hierzu fanden umfangreiche Datenerhebungen als fachliche Grundlage statt (Kartierungen von Tier- und Pflanzenarten sowie ausgewählter Lebensräume). Insbesondere wurde seit 1990 flächendeckend der grenznahe Raum zu Thüringen einschließlich des Grenzstreifens selbst naturschutzfachlich kartiert.
Auch das gegenwärtig in der Umsetzungsphase befindliche EU-weite Schutzkonzept zur Sicherung eines zusammenhängenden Netzes naturnaher Lebensräume (Natura 2000-Konzept mit FFH- und Vogelschutzgebieten) resultiert letztlich aus der Datenbank dieser umfangreichen früheren Kartierungen und Erhebungen.
Agrarlandschaft Oberfranken
Das vierte große BNN-Projekt, an dem der Landkreis Coburg einen hohen Anteil hat, nennt sich „Agrarlandschaft Oberfranken" und erstreckt sich auf Offenlandschaften in den Landkreisen Coburg, Kronach und Lichtenfels mit noch aktuellen Vorkommen des Rebhuhns. Gemeinsamer Träger ist die Ökologische Bildungsstätte, der LBV und die Wildland-Stiftung. Hier werden konkrete Maßnahmen entwickelt und umgesetzt, die sich positiv auf den Rebhuhn-Bestand auswirken, Agrarumweltprogramme optimiert und Landwirte und Jäger als Kooperationspartner in den Rebhuhn-Schutz mit einbezogen. Seit 2023 ist das Projektgebiet Teil einer bundesweiten Projektkulisse von elf über ganz Deutschland verteilten vergleichbaren Musterprojekten, die vom BfN und der Uni Göttingen bundesweit gefördert und betreut werden.
Weltweit sterben täglich etwa 100 Arten für immer aus. Dieser dramatische Schwund an biologischer Vielfalt wirkt sich unweigerlich auch auf die Stabilität der globalen Ökosysteme aus, von denen auch das Leben des Menschen abhängt. Gleichzeitig werden somit zukünftigen Generationen auch wesentliche wirtschaftliche Möglichkeiten oder Entwicklungschancen zum Beispiel im medizinisch-pharmazeutischen Bereich geraubt, da einmal ausgestorbene Lebensformen bzw. Genkombinationen nicht mehr rückholbar sind und damit auch nicht mehr genutzt werden können.
International renommierte Wissenschaftler fordern seit langem umfangreiche Maßnahmen zum Erhalt eines möglichst großen Anteils der noch vorhandenen biologischen Vielfalt.
1992 wurde dann auch von Deutschland auf der internationalen Umweltkonferenz von Rio de Janeiro die "Konvention zur Erhaltung der Biodiversität" unterzeichnet, was konkretes Handeln zum Erhalt der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten und ihrer Lebensräume erfordert. Im Bayerischen Naturschutzgesetz (BayNatSchG) ist seit dem Volksbeghehren von 2029 festgeschrieben, dass bis 2030 ein Biotopverbund auf mindestens 15 Prozent der Offenlandfläche Bayerns aufgebaut wird, der vorrangig für Zwecke des Arten- und Biotopschutzes zur Sicherung der Biodiversität zur Verfügung steht. Außerdem soll die Landbewirtschaftung insgesamt naturverträglicher werden und soll Ziele des Arten- und Biotopschutzes besser als bisher integrieren. Die EU hat sich schließlich das Ziel gesetzt, bis 2030 den Rückgang der biologischen Vielfalt komplett zu stoppen und dafür auch bereits beeinträchtigte und zerstörte Ökosysteme wieder zu regenerieren. Nationale Biodiversitätsstrategien (Bundesrepublik Deutschland 2007 und Bayern 2015-2030) setzen sollen dies in den Regionen Europas umsetzen. Sie sind auch die Grundlage für den Arten- und Biotopschutz auf Landkreisebene.
Fachkraft für Arten- und Biotopschutz im Landkreis Coburg
Der Landkreis Coburg versucht bereits seit 1991 durch die Einstellung einer eigenen Fachkraft für Arten- und Biotopschutz (Beruf: Diplom-Biologe) diesen Zielen für die Nachwelt gerecht zu werden (noch vor der Konferenz von Rio). Die für die Arterhaltung wichtigsten Gebiete sollen erfasst und gesichert werden. Gleichzeitig sollen in Defiziträumen neue Biotopstrukturen wieder aufgebaut und frühere Fehler so gut wie möglich korrigiert werden. Die verschiedenen Kartierungen (zum Beispiel Artenschutzkartierung, Biotopkartierung, Grenzstreifenkartierung) wurden im Arten- und Biotopschutzprogramm zusammengeführt. Daraus wurden konkrete naturschutzfachliche Ziele abgeleitet, abgestimmt und in einem umfassenden Landkreisband für den Landkreis Coburg dargestellt. Die Umsetzung soll durch entsprechende Beratung, Förderprogramme, öffentliche Planungen (zum Beispiel Landschaftspläne) und naturschutzrechtliche Sicherung (Schutzgebietsausweisungen) realisiert werden. Insbesondere aber soll über den Landschaftspflegeverband Coburger Land (siehe eigene Rubrik LPV) ein kooperativer, freiwilliger Ansatz des Naturschutzes im ländlichen Raum auf der Basis von Förderung und finanzieller Honorierung von Arten- und Biotopschutzbemühungen zum Tragen kommen.
Die Biodiversität - auch Biologische Vielfalt genannt – umfasst die eng miteinander verzahnte Vielfalt der Ökosysteme, die Vielfalt der Arten sowie die genetische Vielfalt innerhalb der Arten.
Im Zuge der Umsetzung von Artikel 5d des Bayerisches Naturschutzgesetzes (BayNatSchG) wurde im Landkreis Coburg eine Biodiversitätsberatung eingerichtet. Eine der zentralen Aufgaben der Biodiversitätsberatung ist der Aufbau eines Biotopverbundes in Bayern. Mit § 19 BayNatSchG regelt der Freistaat Bayern, dass der Biotopverbund bis 2030 auf mindestens 15 Prozent der Offenlandflächen erweitert werden soll.Ein Biotopverbund ist ein Mosaik aus unterschiedlichen, zusammenhängenden, artenreichen Flächen und unterschiedlichen Nutzungen, das als Lebensraum für Tiere und Pflanzen dient und deren Wanderung von einem Habitat zum nächsten Habitat ermöglicht.
In 17 Naturschutzgebieten werden im Landkreis Coburg wertvolle Bereiche geschützt. Zwei Vogelschutz- und 21 Flora- Fauna- Habitat-Gebiete tragen zum europäischen Biotopverbund Natura 2000 bei. Ziel der langfristig angelegten, kostenfreien und unverbindlichen Biodiversitätsberatung ist eine enge Zusammenarbeit mit Flächeneigentümern, Landwirten, Kommunen, Verbänden und Erholungssuchenden, um die Artenvielfalt im Landkreis zu erhalten und den Biotopverbund weiterzuentwickeln.
Hierbei richtet sich der Fokus der Tätigkeit besonders auf die Natura 2000 Gebiete, die nationalen Schutzgebiete sowie auf geschützte Biotope. Instrumente zur Förderung der Artenvielfalt sind das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) und die Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien (LNPR). Auch hierbei unterstützt Sie die Biodiversitätsberatung gern.
Ein weiteres Aufgabengebiet ist die Betreuung und Initiierung von Arten- und Naturschutzprojekten in Kooperation mit dem Landschaftspflegeverband, den Naturschutzverbänden sowie den Flächeneigentümern- und bewirtschaftern.
Zudem profitieren die Kommunen des Landkreises durch die Unterstützung der Biodiversitätsberatung bei ihren Aufgaben im Bereich des Natur- und Artenschutzes.
Weitere Links:
Biodiversitätsberatung
Förderprogramme des Naturschutzes
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Lauterer Straße 60
96450 Coburg
Telefon 09561/514-0
Telefax 09561/514-1099
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